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Meine Bildergalerie aktualisiere ich stetig mit neuen Bildern aus meinem Läuferleben.

 

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4. Südthüringentrail

Jetzt habt ihr mich erwischt. So richtig fällt mir zum diesjährigen Südthüringentrail nichts ein.

Das hat aber auf keinen Fall, was mit der Veranstaltung zu tun, die war wie immer top organisiert und ein richtiges Trailrunning-Fest für alle die dabei waren. Vielmehr lag es vielleicht daran, dass ich nicht wirklich Zugriff zum Rennen hatte. Über 6 Stunden Wettkampf, ohne das Gefühl zu haben, in einem Wettkampf zu sein. Irgendwie komisch, aber vielleicht lag es auch an der Einstellung. Vor zwei Jahren konnte ich an gleicher Stelle den 3. Gesamtrang belegen und Ähnliches hatte ich auch dieses Jahr vor. Mit dem kleinen Unterschied, dass dieses Jahr diese 65 Kilometer, die letzten einer 190 Kilometer Trainingswoche waren. Und so im Vorbeigehen mal was abstauben, das war dann doch ein leichter Anflug von Größenwahn. Ich fasse mal die Ereignisse kurz zusammen.

Das Wetter war an diesem 12.September mehr als perfekt. Zum Start, um 5:00 Uhr, waren es 9 Grad und zum Zieleinlauf um die 20 Grad. Das Ganze garniert mit Sonne satt.

Wie schon erwähnt, 5:00 Uhr ging es einzeln und hintereinander weg los. Im Schein meiner Stirnlampe war ich noch voller Tatendrang, obwohl sich gleich zu Beginn eine Spitzengruppe absetzte. Deren Tempo war mir eindeutig zu flott, so dass ich mich mit der Rolle des Jägers anfreundete. Doch mit Jagen war nicht wirklich viel, denn schon nach kurzer Zeit waren sie außer Sichtweite und ich allein auf weiter Flur. Durch die Reflektoren an den Bäumen war die Strecke, trotz Dunkelheit, sehr gut auszumachen. Das änderte sich aber mit einsetzender

Dämmerung. Da wurde es schon schwieriger, immer auf der richtigen Strecke zu bleiben, zumindest für mich. Auf die Navigation meiner Uhr konnte ich mich auch nicht verlassen, da selbst bei richtiger Streckenführung meistens eine Abweichung zu erkennen war.

So war ich schon leicht genervt und hatte irgendwie keinen richtigen Bock mehr. Ich wollte am liebsten den Kopf ausschalten und Gas geben. Stattdessen musste ich aber aufpassen wie ein Luchs, um auf der richtigen Strecke zu bleiben. Irgendwann schloss dann ein Läufer zu mir auf und ich nutzte die Gelegenheit, um dran zu bleiben. So konnte ich für eine ganze Weile mal den Kopf abschalten, denn ich musste „nur“ hinterher trotten. Nach ungefähr 90 Minuten wurde es mir dann doch zu langsam und ich bin wieder nach vorn gegangen.

So kam ich nach 4:36 Stunden wieder an Start und Ziel vorbei. Dort wurde mir verkündet, dass ich an 4.Position liege und der Abstand auf den 3. Platz 11 Minuten beträgt. Auf diesen letzten 17 Kilometern hatte ich noch gehofft, dass irgendwann doch der Turbo zündet.

Aber 11 Minuten auf 17 Kilometern aufzuholen, das schien mir ein Ding der Unmöglichkeit.

Hinzu kam wieder, dass ich in den Orientierungslauf-Modus wechseln musste. Jetzt hätte ich mir ruhig den einen oder anderen Streckenposten gewünscht, doch Fehlanzeige.

Und unwiderruflich bahnte sich an, was schon längst überfällig war. Den ersten Matchball gegen mich konnte ich noch abwehren, als ich an einer Weggabelung mit mehr als 10 Hinweisschildern stand. Das war dann doch etwas zu viel des Guten. So musste ich erst einmal anhalten, um den richtigen Weg zu deuten. Dies ist mir dann auch gelungen, doch wenig später stand ich plötzlich hinter einer Absperrung. Das hätte garantiert nicht so sollen sein. Dort stand zwar ein Auto, doch Streckenposten? Wieder Fehlanzeige.

Geradeaus war auch gesperrt, so hatte ich zwei Optionen. Rechts oder links?

Ich entschied mich für links und schön bergab. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit noch immer keine Streckenmarkierung sah, war klar, ich hatte mich verlaufen. Also die ganze Strecke wieder zurück und dieses Mal bergauf. Als ich wieder an der Weggablung war, probierte ich die andere Richtung und schon nach kurzer Zeit war ich am Verpflegungspunkt

Steinsburg. Der ganze Spaß hatte mich rund 10 Minuten gekostet und ich war ziemlich angefressen. Ich wusste aber nicht so recht, auf wen ich sauer sein sollte. Auf die Streckenmarkierung oder auf mich. Ich glaube, es war von jedem etwas dabei. So wollte ich nur, dass es endlich vorbei ist und ich zündete doch noch den Turbo. Nach 6:25 Stunden war ich dann als 5. der Gesamtwertung ins Ziel. So hatte mich diese kleine Unachtsamkeit den 4.

Platz gekostet und später musste ich feststellen, dass sogar der 3. Platz drin gewesen wäre. Aber so ist das im Leben, mal verliert man, mal gewinnen die anderen.

In knapp 2 Wochen gibt es ja die nächste Gelegenheit, sich zu quälen. Mit dem Mad Chicken Run am 3.Oktober habe ich ja meinen persönlichen Saisonhöhepunkt gesetzt. Dort wird auf jeden Fall der Kopf top fit sein und bei Gelegenheit kann ich ihn jeder Zeit abstellen, geht es doch dort 24 Stunden immer im Kreis. Sollte ich mich da aber auch verlaufen, dann muss ich mir richtig Gedanken machen.

 

Ergebnisse: http://www.suedthueringen-trail.de/version1/

 

                                                                                                 Taucha, den 24.09.2020

 

 

 

Matterhorn Ultraks

Sky Race

 

Es gibt wieder etwas zu berichten. Ich kann es selbst noch nicht glauben,

aber ich hatte tatsächlich mal wieder eine Startnummer um den Bauch.

Und ihr wisst ja, was das heißt, 100 % schmerzfrei oder kämpfen bis zum Umfallen. Doch bevor ich mich dem Ultraks widme, hole ich mal wieder etwas weiter aus und nehme euch mit auf die Reise, und diese begann am 4. August.

Da ging es zum wohlverdienten Familienurlaub nach Norditalien, um genau zu sein nach San Giulio an den Ortasee. Ein herrliches und noch nicht überlaufenes

Fleckchen Erde auch was das Laufen betrifft. Und schon sind wir wieder beim Thema. Die erste Woche war noch „Ruhe“ angesagt, da standen nur ein paar kleinere Erkundungsläufe auf dem Programm. Doch in der zweiten Woche sollten die 180 Kilometer fallen, natürlich garniert mit ein paar Höhenmetern. Nach etwas suchen, hatte ich das erklärte Ziel ausgemacht. Der Mottarone, höchster Berg weit und breit, sollte es sein. Die ganz Harten unter euch werden das sicher kennen, der Rest wird wie immer mit dem Kopf schütteln.

Ich meine damit, Wecker stellen im Urlaub. Denn kurz vor 6:00 Uhr ging es auch schon los und das mit nüchternen Magen. 18 Kilometer waren es bis zum Gipfel und 15 davon nur bergauf. Aber das Ganze mit einer moderaten Steigung, so dass ich alles laufen konnte. Während der Rest der Family noch schlummerte, hatte ich nach 1:50 Stunden und 1160 Höhenmetern das erste Gipfelfoto in der Tasche. Und nicht nur das, um diese Uhrzeit hatte ich den Berg noch für mich allein. Auf der einen Seite der Lago Maggiore, auf der anderen der Lago di Orta und geradeaus der Blick auf das Monte Rosa Massiv. Läuferherz was willst du mehr? Als Belohnung ging es nun die ganze Strecke wieder bergab. Und nach knapp 3,5 Stunden war ich wieder im Hotel. Danach noch schnell duschen und frühstücken und schon konnte das Tagesprogramm beginnen. Das Ganze habe ich dann noch zweimal wiederholt, plus ein paar kürzere Sachen. So standen am Ende der Woche 180 KM und 4800 HM auf der Uhr.

Die 3. Woche war dann wieder Ruhe & Erlebnis angesagt. Denn am 18.August ging es einmal über die Berge nach Zermatt.

Der Ortasee
Blick auf das Monte Rosa Massiv
Der schiefe Turm von ???
Der Lago Maggiore

Man war ich vielleicht aufgeregt, endlich den Berg der Berge zu sehen, doch ich brauchte noch etwas Geduld. Denn erst wurde das Auto in Täsch abgestellt, danach ging es mit dem Zug ins Auto freie Zermatt. In Zermatt angekommen, war vom Berg der Berge auch noch nichts zu sehen, denn wir mussten erst einmal unser Hotel finden und das war schwieriger als gedacht. Nach einem kleinen „Orientierungslauf“ durch Zermatt hatten wir endlich unser Hotel gefunden. Die Spannung stieg praktisch mit jedem Atemzug, denn wir hatten Balkon mit Bergblick gebucht. Ja, ihr habt richtig gelesen, Bergblick. Da hat der Vati mal nicht aufs Geld geguckt ; )

Endlich eingecheckt, sollte es nur noch ein Wimpernschlag sein. Also Koffer rechts und links stehen gelassen und glatter Durchmarsch zum Balkon.

Ja, und spätestens jetzt bekam ich den Mund nicht mehr zu. Das Matterhorn

direkt vor meinen Augen und ich hatte echt zu tun, dass diese nicht wieder zu schwitzen begannen. Auch wenn es für viele nur ein Berg ist, für mich ist das Matterhorn der geilste Berg überhaupt und jetzt hatte ich ihn direkt vor meinen Augen. Am nächsten Tag war ich dann noch näher dran und hatte zur Sicherheit schon mal Fotos über Fotos gemacht, denn Wolken Fehlanzeige. Wie ich schon immer sage, Glück muss man sich auch verdienen. Und das Glück war auch am nächsten Tag auf meiner Seite. Da hatte ich wieder großes vor.

Am 20.08.2020 wollte ich meinen ersten 4000er besteigen und was soll ich sagen, um 10:36 Uhr hatte ich gleich zwei 4000er in der Tasche. Doch mal schön der Reihe nach. 7:30 Uhr Treffpunkt an der Talstation mit dem Bergführer. Danach ging es mit 4 weiteren Bergbegeisterten hinauf auf das 3883m hohe Kleine Matterhorn. Hier angekommen, wurde die Seilschaft miteinander verbunden und es ging über den Gletscher erst einmal bergab. Als es dann steiler wurde, legten wir einen kurzen Stopp ein und unsere Steigeisen an. Ich hielt es erst für einen Scherz, als der Bergführer uns eine alternative Route, abseits der ganzen „Touris“, vorschlug. So erklommen wir erst den 4159m hohen Mittelgipfel des Breithorns, und anschließend ging es über die schmale Traverse zum 4164m hohen Westgipfel. Da auch an diesem Tag keine Wolke zu sehen war, reichte der Blick sogar bis zum Mount Blanc.

So viele Highlights in so kurzer Zeit, das war wieder Schwerstarbeit für mein Gehirn und eines wartete ja noch, die Matterhorn Ultraks.

Das Breithorn
Die Seilschaft macht sich auf den Weg
Gipfelfoto
Vom Mittel- zum Westgipfel

Und schon sind wir auch beim Wesentlichen. Bei den Ultraks standen diverse Strecken zur Auswahl. Ich hatte mich, wie sollte es auch anders sein, für die Längste der 5 Strecken entschieden. Das Sky Race mit seinen 49 Kilometern und 3600 Höhenmetern war sozusagen die Königsdistanz. Schon bei der Anmeldung musste ich eine geschätzte Laufzeit angeben, damit es wahrscheinlich nach dem Start nicht zum Stau kommt. Meine angegebenen 7 Stunden empfand ich dann doch als sportlich, aber so hatte ich wenigstens eine Ansage gemacht. Da auch die Veranstalter ein Hygienekonzept vorlegen mussten, wurde beschlossen, in Wellen zu starten, im Abstand von 5 Minuten.

Ja, und mit meinen angegebenen 7 Stunden hatte ich das Vergnügen, im ersten

Startblock zu stehen. Der „Rucksack“ wurde also immer schwerer.

Doch bevor es losging, beschäftigten mich zwei wesentliche Fragen.

Gas geben oder Fotosafari? Und wenn Gas geben, dann mit oder ohne Stöcke.

Zum Glück wurde mir die Entscheidung, relativ leicht gemacht, denn vom Matterhorn war an diesem Samstag erst einmal nichts zu sehen. Wolken über Wolken und schon hatte sich das mit der Fotosafari erledigt und Gas geben war angesagt. Deshalb sind die meisten Fotos hier von den vorherigen Tagen. Jetzt stand nur noch die Sache mit den Stöcken im Raum und ich habe mich zum Glück gegen sie entschieden. Warum das Glück war, dazu komme ich später. So stand ich leicht bekleidet und minimalistisch ausgerüstet, bei 12 Grad, im Startblock A. Dort musste ich aber erst einmal über meinen Schatten springen und mir die Merkel-Burka anlegen. Das war Bedingung, um überhaupt starten zu dürfen. Als 7:00 Uhr der Startschuss ertönte, flog das Ding gleich weg und ich war im Race-Modus. Kontrollierte Offensive hieß das Zauberwort und so spulte ich die ersten Kilometer recht locker ab, ohne mich zu verausgaben. 

Bild mit Seltenheitswert-ich mit Merkel-Burka
Was für die Galerie

Natürlich ging es gleich bergan, aber auf den breiten Wegen war die Steigung wie für mich gemacht. So machte ich Platzierung um Platzierung gut und nach 36 Minuten hatte ich schon 6 Kilometer und 400 Höhenmeter geschafft. Jetzt fing ich wieder einmal an zu träumen und sah mich schon noch weiter vorn. Doch abrupt war der Spaß vorbei, als die Strecke links abbog. Jetzt ging es richtig den Berg hinauf und das tat auch mein Puls.

Der hämmerte erst einmal für die nächsten zwei Kilometer. Dann erreichte ich die Gipfelstation der Sunnegga Seilbahn. Hier war auch die erste Verpflegungsstelle eingerichtet, die ich aber gekonnt ignorierte. Essen brauchte ich jetzt noch nicht und Wasser war auch reichlich da. So nahm ich lieber, locker und flockig, den kurzen Downhill in Angriff bevor im Anschluss das erste Monster wartete. Der Anstieg zum Gornergrat auf 3130 Meter Höhe, damit auch der höchste Punkt des Rennens. 1000 Höhenmeter am Stück bei dem Tempo. Jetzt hatte ich schon zu tun, meine Position zu halten und das trübe Wetter hellte meine Stimmung auch nicht auf. So schob ich mich mit gesenktem Kopf Meter um Meter den Gornergrat entgegen. Meine Uhr zeigte gerade eine Höhe von 2600 Metern an, als ich mal den Kopf hob, um nach vorn zu schauen. Und schlagartig war ich wieder bester Laune als ich direkt vor mir die Wollis entdeckte. Wollis, das sind Schwarznasen-Schafe und die haben hier Kultstatus. Am liebsten hätte ich eins bei den kurzen Hörnern gepackt und erstmal geknuddelt. Doch dann hätte es mich vielleicht auf die selbigen genommen, so trottete ich lieber weiter Richtung Gipfel. Nach insgesamt 2:25 Stunden hatte ich den höchsten Punkt erreicht und 16 Kilometer und 1600 Höhenmeter waren schon auf der Haben-Seite. Hier gönnte ich mir einen kleinen Snack bevor es 10 Kilometer den Berg wieder hinunter ging. Wo sich vor zwei Tagen das Matterhorn noch im Riffelsee spiegelte, war heute nicht viel zu sehen. So versuchte ich es mal im Downhill laufen zu lassen. Doch so sehr ich mich auch bemühte, Tempo zu machen, jetzt wurde ich ständig durchgereicht. Der Downhill, meine „Achillesferse“ das bekomme ich einfach nicht hin.

Der Gornergletscher
Der Gornergrat
Das Matterhorn im Riffelsee
Streckenmarkierung

Doch es kam noch schlimmer. Irgendwann nach der Riffelalp kam ich ins Straucheln und rutsche auf dem felsigen Untergrund aus. Zum Glück hatte ich keine Stöcke in der Hand, sonst wäre die Sache nicht nur mit einem blutigen Knie ausgegangen. Ja, und mit 47 Jahren fühlt sich ein Sturz auch irgendwie anders an als mit 37. Aber zum Heulen war keine Zeit, denn ich hatte meiner Family versprochen, in 3:30 Stunden in Furi zu sein. Am dortigen Verpflegungspunkt wollten wir uns kurz treffen. Doch vorher ging es für mich noch über die Hängebrücke, eine wacklige, aber eindrucksvolle Angelegenheit.

Und fast pünktlich erreichte ich nach 3:35 Stunden Furi, wo meine zwei Mädels,

im leichten Regen, schon warteten. Ich stoppte kurz, entledigte mich überflüssiger Dinge wie Sonnenbrille, nahm ein paar Riegel entgegen, streckte den Daumen nach oben und schon ging es weiter.Immer weiter hoch hinaus, sozusagen. Denn es wartete ein richtiges Brett, der Aufstieg zum Schwarzsee. Während meine zwei Mädels sich in die Seilbahn stürzten, um nach oben zu kommen, warteten auf mich 700 Höhenmeter verteilt auf 4 Kilometer. Jetzt brannten die Oberschenkel aber ordentlich und zeitweise war es so steil, dass ich mich fast auf allen Vieren den Berg nach oben schob. Der Nebel verlieh dem Ganzen so etwas wie eine Endzeitstimmung und nur das Hämmern meines Pulses war zu hören. Eine Stunde brauchte ich für diese 4 Kilometer, meine 2 Mädels waren da deutlich schneller unterwegs.

Die Verpflegungsstelle war hier oben auf 2600 Metern kaum zu erkennen, so gespenstisch war es inzwischen geworden. Auch hier wurde nur kurz abgeklatscht und weiter ging es. Es wartete der nächste Downhill.

Ich richtete mich schon mal ein, wieder durchgereicht zu werden, doch zum Glück kam mir das Gefälle dieses Mal entgegen und der Schaden hielt sich in Grenzen. Und dann geschah etwas Sonderbares. Mit jedem Schritt, den es nach unten ging, kam die Sonne immer mehr zum Vorschein. Unten an der Staffelalm angekommen, war es dann sogar richtig heiß. Dafür gab es wieder jede Menge zu sehen. Gletscher über Gletscher, wohin man auch schaute. 

Schwarzsee
VP in Furi
Der Berg der Berge
Blick nach Zermatt

Diesen Anblick hatte ich mir mehr als verdient. So machte mir der letzte große Anstieg auch nicht mehr viel aus, da ich jetzt einfach nur diese Ausblicke genoss. Von meinen anvisierten 7 Stunden hatte ich mich mental schon mal verabschiedet, so dass ich jetzt jede Minute nur auskosten wollte. Nach 44 Kilometern erreichte ich schließlich Trift, den letzten Verpflegungspunkt. Hier musste ich noch einmal ordentlich Wasser nachfüllen, denn die Sonne zog die letzten Reserven aus meinem Körper. Ein paar wenige Höhenmeter warteten noch, bis sich der finale Downhill nach Zermatt ankündigte. Ich trottete so vor mich hin und plötzlich stand da dieses Schild „4 KM to go“. Ich wagte einen kurzen Blick auf die Uhr und die signalisierte mir, dass der 7 Stunden Bereich noch möglich war,, zumal es jetzt nur bergab gehen sollte. So schwor ich mir, dass mich auf diesen 4 Kilometern keiner mehr überholen sollte. Ich hatte diesen Gedanken noch nicht richtig zu Ende gedacht, da rumste es gewaltig und ich lang wie ein nasser Sack im Dreck. Das war ein Wirkungstreffer und ich musste mich erst einmal sammeln. Blut lief mir über die Oberschenkel, doch zum Glück ist vom Equipment alles ganz geblieben und auch so hielt sich der Schmerz in Grenzen.

Also wieder einmal auf die Zähne beißen und am Endspurt festhalten.

Ich wusste gar nicht, wie lang 4 Kilometer sein können. Immer wieder enge Kurven, ich kam mir vor, als laufe ich auf der Stelle. 1,5 Kilometer vor dem Ziel wurde es endlich wieder gerader, ich konnte es laufen lassen und wagte einen Blick über die Schulter. Weit und breit keiner zu sehnen.

Puh, das hatte funktioniert. Jetzt konnte ich mich langsam hübsch machen für den Zieleinlauf. Doch viel war da nicht mehr rauszuholen.

Nach 7 Stunden, 11 Minuten und 30 Sekunden schleppte ich mich wie ein paniertes Schnitzel und total platt über die Ziellinie.

Was war das wieder für ein Erlebnis mit Startnummer zu laufen, in dieser grandiosen Bergwelt und als wenn nichts gewesen wäre, thronte das Matterhorn im wolkenlosen Himmel.

Zieleinlauf als Gesamt 51.

 

                                                                                          

                                                                                  Taucha, den 04.09.2020

 

 

 

Rennsteig Nonstop

The next Level

oder

der kampf gegen die dunkelheit

Der Rennsteig ist ein etwa 170 km langer Kammweg sowie ein historischer Grenzweg im Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald. Außerdem ist er der älteste und mit etwa 100.000 Wanderern jährlich der meistbegangene Weitwanderweg Deutschlands. Er beginnt im Eisenacher Ortsteil Hörschel am Ufer der Werra und endet in Blankenstein (Gemeinde Rosenthal am Rennsteig) an der Selbitzbrücke. Sein Wegzeichen ist ein weißes R.

 

 

So lautet der offizielle Wikipedia Eintrag zum Rennsteig und es schwirrte schon lange durch meinen Kopf, dieses Monster auch mal am Stück zu bezwingen. Doch aus Respekt vor dieser Aufgabe habe ich es immer vor mir hergeschoben und in diesem Jahr war es auch nicht geplant. Wie ihr alle wisst, kam ja alles anders als geplant. Bei meiner 10. Teilnahme am Rennsteiglauf wollte ich auf der 74 Kilometer langen Strecke von Eisenach nach Schmiedefeld meinen Altersklassensieg vom letzten Jahr wiederholen. Aber mein noch so geliebter Rennsteiglauf fand dieses Jahr leider nicht statt und so musste Ersatz her.

Also lehnt euch entspannt zurück, holt euch etwas Popcorn, noch ein Kaltgetränk und schon kann die Geschichte beginnen.

 

 

Wir schreiben das Jahr 2020 als eine schreckliche Pandemie den Planeten Erde heimsuchte. Das öffentliche Leben geriet komplett aus den Fugen oder fand überhaupt nicht statt. Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, Menschen durften ihre Wohnungen nicht mehr verlassen und einige trauten sich nur noch mit Masken vor die Tür. Selbst das Kämpfen auf den Schlachtfeldern unter freiem Himmel wurde untersagt und die Regierungen der Föderation waren nur damit beschäftigt, wer als Erster und am Besten das Virus besiegt, anstatt gemeinsam den Kampf dagegen aufzunehmen. Das alles wurde dem Schwarzen Ritter zu viel,

er musste raus. Raus aus diesem Irrenhaus. Er wollte in den Wäldern Thüringens wieder die Ruhe finden, die ihn so stark machte. So aktivierte er noch einmal die Originalbesetzung des Mutterschiffs, um mit ihnen gemeinsam Richtung Freistaat abzuheben.  Alle Drei waren inzwischen etwas in die Jahre gekommen, doch der Drang nach neuen Abenteuern ließ ihre Herzen in fast jugendlichem Glanze erstrahlen. Es war der 14. Mai anno 2020 um genau 17:11 Uhr als das Mutterschiff in Hörschel, am Ufer der Werra, landete. Und die Legende besagt, wer einen Stein am Ufer der Werra aufnimmt und ihn bis nach Blankenstein zur Selbitz trägt, dem wird auf Lebenszeit das Glück nicht mehr von der Seite weichen.

Doch brauchte der Schwarze Ritter noch mehr Glück? Eigentlich wurde er schon genug vom Glück gesegnet, denn er hatte schon so viele Schlachten für sich entschieden und konnte ferne Länder bereisen. So beschloss er, für alle die, denen das Glück nicht so hold war, den Stein zur Selbitz zu tragen. Und sollte es in einigen Jahren möglich, dass man auch Glück über Social Media teilen kann, er würde es tun.

Start in Hörschel
Start in Hörschel
Mehr Worte braucht es nicht
Der weite Weg nach Blankenstein

Da stand er nun am Ufer der Werra und sein schmächtiger Körper zitterte in Anbetracht der bevorstehenden Aufgabe. Er umarmte noch einmal seine Mannschaft und dann begab er sich um 17:40 Uhr auf die Reise. Dem weißen „R“ folgend, ging es stetig bergan Richtung Großer Inselsberg. Die Sonne mobilisierte in den Abendstunden noch einmal alle Kräfte und ließ in weiter Ferne die Wartburg in einem hellen Glanz erstrahlen. Selbst die Rapsfelder schienen etwas gelber zu strahlen und erfüllten die Umgebung mit Frühlingsduft. Nach 14 Kilometern erreichte der Schwarze Ritter das Gasthaus „Zur Hohen Sonne“ und auch hier hatte die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Alles wirkte verlassen, die Absperrbänder wehten leicht im Wind und die Stille war fast schon unheimlich. Es fehlten nur noch die Geier, die in der Luft hätten kreisen müssen, und das Endzeitszenario wäre perfekt.

Doch genau diese Stille hatte der Schwarze Ritter sich gewünscht und er fühlte sich vom Kopf her immer freier, obwohl er die Leichtigkeit seiner Beine nicht wie erhofft verspürte. So ging es langsam immer höher und höher und die Kammlagen schienen schon fast erreicht. Es fehlte nur noch der letzte Anstieg zum Großen Inselsberg und oben angekommen, sollte es steil bergab zum großen Parkplatz gehen, wo das Mutterschiff wartete. Dieses kurze Asphaltstück war der Schwarze Ritter schon so oft gelaufen und er sah sich schon sicher am Mutterschiff. Doch plötzlich kam er ins Straucheln und ehe er sich versah, landete er kopfüber auf Schulter und Arm. Er überschlug sich zweimal, ehe er wusste, was gerade geschehen war. Sein mobiles GPS Gerät in der Hand hatte er komplett über den Asphalt gezogen, so dass darauf nichts mehr zu erkennen war. Noch viel schlimmer war sein Arm, der schmerzte höllisch und das Blut beunruhigte ihn sehr. Ein kurzer Systemcheck war also nötig.

Dieser gab nach kurzer Zeit Entwarnung, nur Fleisch und Materialschäden.

Dem weißen "R" folgend
Blick auf die Wartburg
Das Mutterschiff am Kleinen Inselsberg
Großer Inselsberg

Also schleppte er sich nach 34 Kilometern zum Mutterschiff, um Proviant für die lange Nacht aufzufüllen. Seine Mannschaft wartete schon voller Ungeduld auf ihn, obwohl er fast auf die Minute genau dieses Zwischenziel erreichte. Er war schon seit 3:30 Stunden auf dem Höhenweg unterwegs und jetzt wartete eine der größten Herausforderungen überhaupt auf ihn. Denn das nächste Treffen mit dem Mutterschiff war in Masserberg ausgemacht. Dazwischen lagen 70 schier unendlich lange Kilometer, die er auf sich allein gestellt, ohne fremde Hilfe und bei völliger Dunkelheit bewältigen musste. Der Respekt davor war verdammt groß und so entschlossen wie sonst, wirkte der Schwarze Ritter auch nicht. Also schaltete er an der Grenzwiese seine Stirnlampe ein, bezwang den Jagdberg und nahm Kurs Richtung Ebertswiese.

Er hüpfte fast tänzelnd über Stock und Stein, doch plötzlich verlor er wieder die Kontrolle über seinen Körper und küsste den weichen Waldboden. Der Schwarze Ritter landete wieder auf seinem schmerzenden Arm. Doch viel schlimmer war, dass seine Stirnlampe irgendwo anders abgeblieben war. Als er sie wieder in die Arme schließen konnte, gab sie kein Lebenszeichen mehr von sich. Zum Glück hatte er noch eine Ersatzlampe im Gepäck, doch diese besaß nicht die nötige Ausdauer, um ihn die ganze Nacht zu begleiten. Er schaltete sie erst einmal auf Sparmodus und machte sich anschließend wieder auf den Weg. Jetzt hatte er genug Zeit, sich einen Plan zurechtzulegen, wie er die Nacht bezwingen könnte. Obwohl er im schwachen Schein seiner Lampe die Beschilderung kaum erkennen konnte, erreichte er die Ebertswiese. Hier traf er völlig unvorbereitet auf zwei Zeitgenossen, die gerade Lagerfeuerromantik genossen. Er grüßte sie höflich mit „Mahlzeit“ und ward auch gleich wieder im Wald verschwunden. Es trieb ihn ein Schmunzeln ins Gesicht, was diese zwei Zeitgenossen wohl gedacht haben müssen. Bis Oberhof wollte der Schwarze Ritter wenigstens kommen und dann mal sehen, wie es weitergeht. Doch irgendetwas war anders als sonst. Sein bedingungsloser Wille eine Schlacht zu gewinnen, war ausgerechnet in dieser Nacht von Finsternis umhüllt. Er wusste nicht, woran es lag. Vielleicht fehlte die Startnummer? Vielleicht war die Sache doch eine Nummer zu groß? Während seine Gedanken kreisten und er Mühe hatte, auf dem richtigen Weg zu bleiben, probierte er noch einmal seine „defekte“ Stirnlampe aus.

Und siehe da, es ward wieder Licht. Ein Zeichen? Oder war es das besagte Glück des Steines, den er schon seit fast 7 Stunden an seinem Herzen trug, als er Oberhof erreichte.  Hier am Grenzadler schlummerte alles friedlich vor sich hin und er kam sich vor wie ein wildes Tier, das durch die Nacht streunte. Er passierte das Rondell und steuerte dem Großen Beerberg entgegen. Dieser ist mit seinen 982 Metern auch der höchste Punkt der Strecke. Anschließend erreichte er die Schmücke und mit ihr den schrecklichsten Teil der Nacht. Das ist für den Schwarzen Ritter immer die Zeit zwischen 1:00 und 4:00 Uhr. Jetzt musste er richtig kämpfen, doch die Stärke in seinem Kopf kam mit jeder Minute, die es Richtung Morgen ging, allmählich zurück. Nach 9 Stunden und 30 Minuten passierte er Frauenwald und es waren nur noch 15 Kilometer bis Masserberg. Vorher konnte er noch miterleben, wie Neustadt so langsam in der Morgendämmerung erwachte.

Ganz gechillt auf der Wiese
Masserberg

Nach rund 100 Kilometern und gut 12 Stunden war die Freude groß, als er das Mutterschiff im Morgennebel erblickte. Und noch größer war die Freude, als beim Öffnen der Tür Kaffeeduft in seine Nase drang. Jetzt wärmte er sich erst einmal von der bitter kalten Nacht auf und genoss ein ordentliches Frühstück. Aber dann doch lieber mit magenfreundlichem Tee, denn es war noch ein weiter Weg bis Blankenstein. Er füllte seine zur Neige gegangenen Vorräte wieder auf, legte ein paar Schichten seiner Kleidung ab und stürmte den Weg zur Turmbaude Masserberg hinauf. Das Frühstück und das Tageslicht schienen dem Schwarzen Ritter Flügel zu verleihen. Er war wieder zurück. Er hatte die Dunkelheit besiegt. Und wer sollte ihn jetzt noch aufhalten auf seinem Weg zur Selbitz. Doch bis dahin waren es noch über 60 Kilometer und so weit im Voraus denken, wollte der Schwarze Ritter lieber nicht.

Deshalb legte er seinen Focus darauf, erst einmal Neuhaus zu erreichen. Die größte Stadt am Rennsteig kannte er noch aus weit vergangenen Tagen, wo er als Knappe erste Erfahrungen auf dem kleinen Schlachtfeld sammeln konnte. Es waren inzwischen aber so viele Monde vergangen, dass er sich so gut wie überhaupt nicht an den Streckenverlauf erinnern konnte. Doch an eine Sache erinnert er sich immer wieder gerne zurück. Hier lernte der den Titanen aus Thüringen kennen und schätzen und Beide kämpften sich gemeinsam Seite an Seite bis nach Schmiedefeld vor. So wurden aus Rivalen Freunde und diese Freundschaft hält noch immer, was den Schwarzen Ritter ganz besonders stolz macht. Nach 14 Stunden und 45 Minuten hatte er auch Neuhaus, mit dem höchstgelegenen Bahnhof Thüringens, hinter sich gelassen und bis Spechtsbrunn waren es nur noch 12 Kilometer. Hier sollte wieder das Mutterschiff auf ihn warten. Und wie sollte es auch anders sein, auf seine Mannschaft war Verlass. Hoch oben von den Kammlagen konnte er den kleinen Ortskern schon erblicken. Er rauschte ins Tal hinab, geradewegs aufs Mutterschiff zu. Hier stoppte er nur kurz, gab einen Lagebericht ab, füllte Wasser nach und schon ging es weiter. Da das letzte Treffen in Steinbach vereinbart und das nur 12 Kilometer entfernt war, konnte er sich diesen kurzen Stopp erlauben.

Noch schnell was geschnitzt
Was für ein Ausblick

Auf diesen 12 Kilometern konnte er ein Stück Deutsch-Deutsche-Geschichte noch einmal erleben. Er befand sich sozusagen mitten im Sperrgebiet, lief direkt auf dem Grenzstreifen und konnte die damit verbundenen Schicksale förmlich spüren. Der Streckenverlauf wurde jetzt mit jedem Kilometer, dem der Schwarze Ritter dem Ziel näherkam, immer flacher. So musste er sich auch die letzten 6 Kilometer bis Steinbach den asphaltierten Radweg antun. Für den Moment dachte er erst, er sei vom richtigen Weg abgekommen, doch die Beschilderung zeigte diesen Weg an und seine Uhr navigierte ihn direkt auf das Mutterschiff zu, welches am Ortseingang von Steinbach wartete. Hier verdrückte der Schwarze Ritter eine große Portion Nudeln und was er sonst noch zu fassen bekam. Die 17 Stunden und 30 Minuten Wegezeit hatten seine Energiereserven schmelzen lassen, wie das Eis in der Sonne.

Nachdem er von seiner Mannschaft wieder aufgepäppelt wurde, machte er sich schon mal bereit für das große Finale. Nur noch 28 Kilometer bis Blankenstein. Das sollte für so einen kampferprobten Ritter wie er es war, kein Problem mehr darstellen. Das einzige Problem was er noch hatte, der Asphalt wollte nicht aufhören.

So kämpfte er sich Kilometer um Kilometer durch Steinbach und danach weiter den Radweg entlang. Das weiße „R“ hatte er dabei immer fest im Blick.

Dann, nach 145 Kilometern, erreichte er endlich wieder den Wald und wenig später auch Thüringen. Er war in Gedanken und versuchte das Erlebte der letzten Stunden zu verarbeiten, als er von einem Knacken im Wald gestört wurde. Er sah sich erschrocken um und war schon bereit, den Kampf mit einer Bestie aufzunehmen, als er in einiger Entfernung ein älteres Mütterchen beim Holz sammeln erblickte. Als sich der Schwarze Ritter dem besagten Mütterchen mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit näherte, sprang diese plötzlich zur Seite und schleuderte ihm die berühmten drei Worte entgegen: „Abstand halten, bitte!“

Der Schwarze Ritter hätte am liebsten vor Wut in einen Stock gebissen, denn er wusste, spätestens im Blankenstein würde der Irrsinn wieder losgehen.

Der Obelisk von Steinbach
Grenze zwischen Thüringen und Bayern
Über Felder dem Ziel entgegen
Brennersgrün

Doch die Zeit bis dahin, genoss er in seinem Wald, der aber nach Brennersgrün merklich weniger wurde. Jetzt führte der Rennsteig über Wiesen und Felder bis in den kleinen Ort Schlegel. Von hier waren es nur noch 5 Kilometer und diese führten neben der Hauptstraße direkt nach Blankenstein. Und so langsam galt es wieder für den Schwarzen Ritter, hübsch machen für den „Zieleinlauf“.

Er wusste, in wenigen Augenblicken hatte er wieder etwas Großes geleistet, auf das er verdammt Stolz sein konnte. Auf den steil abfallenden Straßen Blankensteins, die zum Ufer der Selbitz führten, begegnete er noch ein paar wenigen Einheimischen.

Diese werden sich nur über seine seltsamen Bewegungen gewundert haben.

Denn immer wieder ballte der Schwarze Ritter eine Faust und streckte diese, als Zeichen des Triumphs, nach oben. Doch wenn sie genau hinschauten, dann konnten sie auch das Leuchten in seinen Augen sehen, welches immer heller wurde, als er seine Mannschaft im Rennsteiggarten stehen sah. Diese bereiteten ihm einen würdigen Zieleinlauf und er war überglücklich, als er nach 21 Stunden und 15 Minuten an der Tafel des Rennsteigbeginn anschlug. Vergessen waren die vielen Stunden in der Dunkelheit, vergessen waren die Stürze und vergessen waren die Schmerzen. Doch dieses ganze Erlebnis würde er nie vergessen. Zu stolz war er über seine eigene Leistung, den kompletten Rennsteig ganz allein bezwungen und sich selbst auf ein neues Level gehoben zu haben.

Doch eine Sache musste der Schwarze Ritter noch zu Ende bringen. Er griff ganz langsam in die linke Brusttasche seiner Jacke und holte den Stein heraus, den er seit mehr als 21 Stunden an seinem Herzen trug. Dann schritt er, fast wie ein König, ganz langsam die letzten Meter bis zur Selbitz ab, hielt kurz inne, um dann den Stein in den Fluten der Selbitz zu versenken.

Jetzt wird der Stein in den Fluten versenkt
Im Ziel in Blankenstein

An dieser Stelle möchte ich mich einmal mehr bei meinen Eltern bedanken, die mich wieder so super und ausdauernd unterstütz haben und sich die halbe Nacht um die Ohren schlagen mussten. DANKE !!!

 

                                                                                Taucha, den 22.05.2020

 

 

 

 

Harzquerung Solo

Am 25.April sollte sie wieder stattfinden, die Harzquerung, und in meinem DIG DEEPER Plan 2020 war sie bereits fest verankert. Ja, auch wenn ihr es nicht mehr hören könnt, dann kam Corona und die Harzquerung war Geschichte. Doch nicht für mich. Den Track auf die Uhr geladen, Sachen gepackt, ins Auto gesetzt und schon stand ich am 06. Mai in Wernigerode und war bereit, einmal quer durch den Harz zu rennen.

Kaum am Waldesrand angekommen, musterten mich auch schon die ersten argwöhnischen Blicke manch älterer Herrschaften. Doch bevor die Corona Polizei auch nur Luft holen konnte, war mein GPS Signal scharf geschalten und ich im Wald verschwunden. Mein Sohn navigierte unterdessen unsere PS-Kutsche nach Nordhausen, um anschließend mir ein paar Kilometer entgegen zu laufen.

und schon kann es los gehen

Wie schon gesagt, der Wald hatte mich verschluckt und wenn alles gut laufen würde, sollte er mich nach rund 5 Stunden wieder ausspucken.

Mit „gut laufen“ meine ich natürlich die Navigation. Das ist echt nicht so mein Ding. Deshalb habe ich mir zur Sicherheit noch mein Handgerät mitgenommen, denn die Strecke ist nicht als solches ausgeschildert.

Das Wetter war natürlich perfekt. Strahlender Sonnenschein und 12 Grad am Start. So kam ich auch gleich auf den ersten Kilometern, die bergauf führten, mächtig ins Schwitzen. Nach 6 Kilometern erreichte ich die Zillerbachtalsperre und nutzte die Gelegenheit für einen kurzen Fotostopp. Dabei riss ich mir auch gleich die Jacke vom Leib. Jetzt konnte es ganz entspannt weiter gehen, dachte ich jedenfalls. Dann kam aber die Sache mit der Orientierung dazwischen. Ich stand vor einer riesigen Fläche, wo entweder ein Orkan eine Schneise in den Wald gepflügt hatte oder ein Ufo gelandet sein muss. Weit und breit kein Weg zu erkennen und die Navigation sagte quer durch. Also vertraute ich der Technik und suchte den besten Weg über umgestürzte oder gerodete Bäume. An dieser Stelle wurde mir noch einmal bewusst, dass ich doch eher der Wettkampftyp bin. Kopf ausstellen und so schnell es geht den anderen hinterher. Das ist eher mein Ding. So spulte ich Kilometer um Kilometer ab und erreichte nach 30 Kilometern den Freistaat Thüringen. Bis dahin gehörte mir der Wald auch ganz allein, keine Menschenseele zu entdecken. Das änderte sich auch nicht, als ich kurze Zeit später Sophienhof erreichte. Hier wurde es für mich richtig hart. Ich kam mir vor

wie ein fremdes Wesen aus einer anderen Galaxie, das durch den Ort schlich. Gaststätten, Hotels, Souvenirläden und Eisdielen total verweist.

einmal quer durch
Zillerbachtalsperre

Zudem wirkte der Ort wie ausgestorben. Ich mutmaße einmal, dass hinter den Gardienen sich die Wenigen, die hier zurückgelassen wurden, über das Wesen wunderten, dass da wie ein Orkan durch ihren kleinen Ort fegte. Ich sage mal, dass trifft es ziemlich gut, denn danach folgte ein schier endloser Downhill und ich konnte es mal laufen lassen.

Unten angekommen, überquerte ich die B81 und laut Uhr war ich auf dem richtigen Weg, denn der folgte dem Bachlauf linksseitig. Mein Handgerät war da aber anderer Meinung, denn da entfernte ich mich immer weiter von der richtigen Strecke. Jetzt war ich leicht angefressen und vertraute einfach mal der Uhr und siehe da, nach 10 Minuten sagte mir auch das Handgerät, das ich richtig war.

Nach 35 Kilometern erreichte ich den kleinen Bahnhof Rabenstein und ab hier ging es für die nächsten knapp 4 Kilometer nur bergauf, hinauf zum Poppenberg. Oben angekommen, konnte ich doch tatsächlich ein paar Wandersleute entdecken und die schauten ganz erschrocken, was da aus dem Unterholz an ihnen vorbeihuschte. Nicht ganz so erschrocken, schauten die wenigen Menschen, die ich in Neustadt traf.

Dort hatte ich schon gut 43 Kilometer hinter mir, als ich weit vor mir noch einen Läufer entdeckte. Doch durch die vielen Abzweigungen hatte ich ihn auch gleich wieder aus den Augen verloren. So kämpfte ich mich einen weiteren kleinen Anstieg aus Neustadt heraus. Dieser tat im Wettkampfmodus besonders weh, doch mit halber Kraft war er diesmal nicht ganz so schlimm. Oben angekommen, konnte ich die Fernsicht genießen und erblickte weit voraus wieder den besagten Läufer. Ich ahnte schon, dass es mein Sohn sein könnte und gab mal etwas Gas. Doch ich kam ihm einfach nicht näher. Nach 47 Kilometern erreichte ich Rüdigsdorf und auf dem einen Kilometer langen Asphaltabschnitt erblickte ich doch tatsächlich meinen Sohn. Ich forcierte noch einmal das Tempo und schrie so laut ich konnte.

auch die schauten ganz erstaunt
der kleine Bahnhof

Zum Glück erhörte er mein Gebrüll und wartete bis ich aufgeschlossen hatte. So konnten wir die letzten 4 Kilometer bis Nordhausen, Seite an Seite genießen. Doch der Zieleinlauf im gesperrten Sportpark blieb uns auch verwehrt. So machten wir noch ein paar extra Meter bis zum Parkplatz und ich schlug nach 4:57:48 Stunden an meiner PS-Kutsche an. Insgesamt standen dann 51,7 Kilometer und 1338 Höhenmeter auf meiner Uhr. Der Testlauf war also geglückt, und so viel will ich schon mal verraten, dieses Wochenende sollte eigentlich der Rennsteig wieder rufen. Der Rennsteiglauf ist ja schon lange abgesagt, aber der Rennsteig selbst ist ja noch da.

Deshalb sage ich schon mal: „Diesen Weg auf den Höhn bin ich oft gegangen, Vöglein sangen Lieder. Bin ich weit in der Welt hab ich oft Verlangen, Thüringer Wald nur nach dir.“

….es sei denn, die Corona Polizei hat wieder was dagegen!

Endspurt
dem Ziel entgegen

 

 

                                                                                        Taucha, den 11.05.2020

 

 

 

 

Der Finnewanderweg

Der 91,7 km lange Finnewanderweg ist ein Fernwanderweg in Mitteldeutschland. Er führt von Weißenfels in Sachsen-Anhalt entlang des Saale-Unstrut-Tales über den Kamm der Finne sowie der Hohen Schrecke bis zum Durchbruchstal der Unstrut in Sachsenburg in Thüringen, welches auch als Thüringer Pforte bekannt ist. Dort wird er als Hainleitewanderweg fortgeführt.

 

So lautet zumindest der offizielle Wikipedia Eintrag über den Finnewanderweg. Ich hörte von diesem sagenumwobenen Weitwanderweg fast auf den Tag genau vor zwei Jahren das erste Mal. Da war ich wieder mal auf der Rad-Acht unterwegs und ein gewisser Felix Dreisow, übrigens aktueller Sportler des Jahres im Burgenlandkreis, begleitete mich ein Stück. Alles lief super, als plötzlich und aus heiterem Himmel, genau dieser Felix das Wort Finnewanderweg in die Runde warf. Und es kam noch schlimmer, als er meinte, diesen Weitwanderweg doch mal am

Stück zu laufen. Seitdem arbeitete es in meinen Kopf und dieses Jahr war ich bereit

die Herausforderung anzunehmen. Natürlich gemeinsam mit Felix. Doch der verdammte Verletzungsteufel machte Felix einen Strich durch die Rechnung.

Selbst die komplette Strecke mit dem Rad abzufahren, ein Ding der Unmöglichkeit.

Wenigstens ein Teilstück sollte doch drin sein? Doch dazu später mehr.

Ich hatte inzwischen ein anderes Problem. Der Plan, diesen Lauf dieses Jahr

am Karfreitag durchzuziehen, stand ja schon lange. Doch dann kam Corona und alles wurde anders. Sollte ich aus moralischen Gründen lieber doch darauf verzichten, obwohl Bewegung an der frischen Luft und allein erlaubt ist.

Ja, und in unmittelbarer Nähe vom Wohnort ist relativ. Oder sollte ich, wie es gerade hip ist, medienwirksam irgendetwas auf meinem Grundstück machen?

Einen Triathlon für RTL oder einen 100 KM Lauf für NTV und alles natürlich live.

Oder noch besser, das ganze Influencer-Getue bei Insta.

Nein, das bin ich nicht und das ist auch nicht authentisch. Deshalb stand ich nun doch am 10.04. um 6:20 Uhr allein in Weißenfels an der Pfennigbrücke und war bereit für ein neues Abenteuer. Na gut, ganz bereit dann doch nicht. Nochmal strecken, Schlafsand aus den Augen wischen, auf das GPS-Signal warten und dann konnte das Abenteuer beginnen.

Auf dem Weg nach Schönburg
Noch ein Selfie vor dem Start

Weißenfels war natürlich, um diese Uhrzeit noch wie ausgestorben und so konnte ich

vollkommen unbeobachtet wieder diesen coolen Laufstiel an den Tag legen.

Kleiner Spaß am Rande. Die Strecke bis zum Waldbad in Leißling kannte ich ja von diversen Radaktivitäten und so konnte ich die ersten 30 Minuten auch mein Hirn auslassen. Kaum am Waldbad angekommen und das Hirn langsam am Hochfahren, gab es das erste Mal schon Orientierungsschwierigkeiten. Die GPS-Uhr schickte mich erstmal in den Wald, um mir dann zu sagen, dass ich falsch bin. Also holte ich lieber noch das Zweitgerät aus dem Rucksack, um auf Nummer sicher zu gehen. Jetzt sollte das Problem mit dem Verlaufen erst einmal gelöst sein.

Am Ortsausgang von Leißling bog ich in das sogenannte Franzosental ein, wo auch der erste Wegweiser mit der Aufschrift „Finnewanderweg“ zu sehen war.

Hier warteten auch die ersten Höhenmeter auf mich. Doch was viel spektakulärer war, war das viele Rotwild, das hier völlig am Rad drehte. Ich musste regelrecht aufpassen, dass ich nicht ein Reh umrannte, oder noch besser, zu Tote hetzte.

Kurze Zeit später ein weiteres Highlight. Es war inzwischen 7:30 Uhr und die Sonne begann gerade alles zu geben, als ich mich oberhalb der Schönburg befand.

So konnte ich diesen einmaligen Anblick genießen, als die Sonne den restlichen Nebel gegen die Schönburg drückte. Da hatte sich das Aufstehen mal wieder für mich gelohnt. Über ein paar Stufen gelangte ich wieder auf den Radweg und für die nächsten 12 Kilometer führte mich dieser bis nach Naumburg / Almrich.

Immer auf den richtigen Weg
Klostergarten in Schulpforte

Hier überquerte ich die Bundesstraße und auf der anderen Seite ging es neben der

Kleinen Saale weiter bis nach Schulpforte. Nach 25 Kilometern stand ich plötzlich vor dem Klostergarten, als ich zwei Vereinsmitglieder der LG Rudelsburg traf. Diese waren gerade mit ihren Rädern unterwegs als sie mich in einen kurzen Moment der Orientierungslosigkeit erwischten. Erst wollte ich vor besagter Klostermauer rechts vorbei, das Navi sagte: Falsch. Dann wollte ich links vorbei, das Navi sagte wieder: Falsch. Jetzt war guter Rat teuer. Also öffnete ich die „verbotene“ Tür zum Klostergarten und siehe da, das Navi war wieder mein Freund. So durchquerte ich das Klostergelände bis zur anderen Straßenseite und danach ging es Richtung Bad Kösen mit dem Anstieg zur Rudelsburg, zur Burg Saaleck und anschließend noch zum Himmelreich.

Die Gaststätte „Himmelreich“ erreichte ich nach 34 Kilometern und ich war inzwischen knapp 3:30 Stunden unterwegs. Also erst einmal Zeit für einen ersten Snack. Als nächstes Zwischenziel hatte ich mir Bad Sulza auserkoren. Doch dieses streifte ich nur, denn ich blieb immer oberhalb davon und so hatte ich von der Sonnenkuppe wieder einen genialen Ausblick auf ein Stück Heimat. Der nächste Meilenstein sollte für mich Eckartsberga sein, und der war schon zum Greifen nahe. Mein Hirn leistete zu dieser Zeit gerade Schwerstarbeit. Mit Eindrücken verarbeiten, auf GPS achten, auf den Untergrund vor mir achten, hatte es ganz schön zu tun und dann tauchte in einiger Entfernung vor mir auch noch ein Radfahrer auf. Von weitem sah er aus wie Felix, dann kam er näher und er sah immer noch aus wie Felix. Er war es tatsächlich. Ich dachte schon nach gerade einmal 44 Kilometern fangen die Hallu´s schon an. Die Überraschung war schon mal gelungen. Und ehe ich mich versah, waren wir auch schon an der Eckartsburg. Hier trennten sich wieder unsere Wege. Felix fuhr noch einmal nach Hause, um in Rastenberg wieder zu mir zu stoßen. Er wollte mich die restlichen 30 Kilometer zu Fuß begleiten und seine Frau Antje mit dem Rad. Alles natürlich, mit dem nötigen Abstand, ihr wisst ja Corona ; )

Irgendwo im Nirgendwo
Da unten müsste Bad Sulza sein

Ich wiederum suchte mir einen Weg durch Eckartsberga, der abrupt vor der Friedhofsmauer endete. Jetzt folgte wieder das altbekannte Spiel. Rechts vorbei, falscher Weg. Links vorbei, falscher Weg. Was nun? Mir blieb nichts anderes übrig, als dann doch den Friedhof zu betreten. Zum Glück sah ich schon von Weitem an einem Baum das rote Dreieck auf weißem Grund.

Der Weg war wiedergefunden, dafür verabschiedete sich mein Ersatz GPS-Gerät.

Ausgerechtet jetzt, wo doch der Wald wartete. Aber egal, der Tag war noch jung und wenn es ein paar Kilometer extra werden sollten, dann sollte es so sein.

Ich war jetzt seit 5 Stunden unterwegs, den 6er Schnitt konnte ich noch halten, doch

jetzt kam die Sache mit den blockierten Wegen hinzu. Es ging durch die Finne.

Am Schloss Marienthal war noch alles in Ordnung, doch danach wurde es etwas anspruchsvoller. Teilweise konnte ich den Weg als solchen nicht mehr identifizieren.

Da musste ich auch mal die Querfeldeinvariante wählen und mich durchs Dickicht schlagen. Für den Moment hatte ich den richtigen Weg wieder unter den Füßen, doch das Glück war nur von kurzer Dauer, dann war die Linie auf der Uhr wieder eine andere. Aber das war mir jetzt egal, Hautsache die Richtung stimmte. Dachte ich.

Zum Glück überholte ich zwei Wanderinnen und fragte mal lieber nach, ob dieser Weg denn nach Rastenberg führte. Wie aus der Pistole geschossen und synchron folgte ein klares NEIN. Also wieder zurück und dann nach links, so hatten sie mir es gesagt und siehe da, das rote Dreieck auf weißen Grund war wieder an die Bäume gepinselt. Und der Weg war auch mal wieder ein breiter und laufbarer Forstweg, so konnte ich es bis Rastenberg nochmal richtig laufen lassen.

Nach 66 Kilometern und einer Laufzeit von 6:50 Stunden erreichte ich den Marktplatz

zu Rastenberg. Ich kam mir vor, wie in einem alten Western. Mittagszeit, der Marktplatz wie leergefegt, keine Menschenseele weit und breit, ich klopfte mir den Staub von der Kleidung und die Sonne brannte gnadenlos. So kam es mir jedenfalls vor, ob wohl es nur 18 Grad waren.

Aber vielleicht lag es auch daran, dass meine 2,5 Liter Wasser sich dem Ende neigten. Ich hätte ja mal an einer Haustür klingeln und höflich um Nachschub bitten können, aber in Zeiten von Corona, wer weiß, was die mit mir gemacht hätten. Aber ich wusste am Ortsausgang von Rastenberg warteten Felix und Antje, und die hatten garantiert noch jede Menge Flüssiges im Auto, sowie Ersatzbatterien für das GPS-Gerät.

Der Marktplatz zu Rastenberg
Ganz schön viel zum Lesen
Familie Dreisow in den Startlöchern

Ich sah die Beiden schon von Weitem und sie konnten es gar nicht erwarten, dass es endlich losgeht. Ich wiederum konnte es kaum erwarten, dass es bald zu Ende war.

Nein, erstaunlicher Weise fühlte ich mich noch erstaunlich gut und der Kampf-Modus schien noch ganz weit entfernt zu sein. So füllte ich noch schnell meine Flaschen auf, bestellte mir mein „Taxi“ in 3 Stunden nach Sachsenburg und schon hieß es „Feuer frei“ für die letzten 30 Kilometer im 3er Team. Nachdem wir Rastenberg mit einem kurzen Anstieg verlassen hatten, erreichten wir kurze Zeit später Schafau. Wir gönnten uns noch einen Blick auf den dortigen Steinbruch und nach ca. 73 Kilometern bemerkten wir, dass Antje plötzlich fehlte.

Nach einer kurzen Pause beschloss Felix nochmal zurück zu laufen, um die Fährte aufzunehmen. Ich machte mich inzwischen allein weiter und genoss die blühende Umgebung, die wieder einmal etwas sportlich wurde. Spätestens da wurde mir klar, dass dieser Finnewanderweg für Fahrräder total, ungeeignet ist. Das bestätigte mir auch Felix, nachdem er Antje wiedergefunden und mich eingeholt hatte. Denn wie das meistens so ist, das Beste kommt zum Schluss.

Und das Finale wurde mit dem Anstieg zum Kreuzberg und Katzenberg eröffnet.

Danach ging es erst noch einmal hinunter nach Burgwenden, das wir nach 8:45 Stunden erreichten. Danach folgte der Anstieg zum Künzelsberg, mit seinen stolzen 380 Metern der höchste Punkt der Strecke. Hier musste ich auch mal kurz in den Wanderschritt wechseln, da noch immer 10 Kilometer vor uns lagen und ich ja mit einem Lächeln das Ziel erreichen wollte. Ja, und diese letzten 10 Kilometer ging es teilweise auf schmalen Wegen direkt auf dem Kamm entlang. Das Wetter war ja mehr als perfekt und ich möchte zu gern wissen, wie viele Kilometer Fernsicht das von hier oben gewesen sein müssen. Das Ziel konnte ich zwar noch nicht sehen, aber es war zum Greifen nahe und so langsam galt es wieder, hübsch machen für den „Zieleinlauf“.

Der Jens
Der Felix

Doch vorher ging es noch einmal ordentlich nach unten, die Knie wollten ja auch noch auf ihre Kosten kommen. Ja, und dann war es soweit. Ganz unspektakulär und fast schon überraschend sagte meine Uhr nach 10 Stunden 10 Minuten und 13 Sekunden: Sie haben ihren Endpunkt erreicht. Der Endpunkt war die Hermann-Güntherodt-Siedlung in Sachsenburg. Nach 94,9 Kilometern und 1692 Höhenmetern war ich dann doch etwas stolz, diesen Finnewanderweg so locker gerockt zu haben.

An dieser Stelle noch einmal ein großes DANKESCHÖN an Felix und Antje für die super Begleitung und die mentale Unterstützung. Die nächsten Weitwanderwege warten schon; )

Einen habe ich dann doch noch. Mit den Finnewanderweg und meinen 10:10,13 Stunden habe ich meine erste und offiziell bestätigte Fastest Known Time.

Geil, oder? Es muss also nicht immer mit Startnummer sein und wer weiß, ob ich mir in diesem Jahr überhaupt eine um den Bauch schnallen darf.

In diesem Sinne bleibt schön gesund, geht ruhig mal in den Wald und habt Spaß.

Denn zu Hause sterben die meisten Leute.

Am Ziel

 

Fastest Known Time:http://fastestknowntime.com/route/finnewanderweg-germany

 

                                                                            Taucha, den 15.04.2020

 

 

 

 

14. Kristall - Marathon

 

Ich habe es wieder getan. Das erste Highlight 2020 ist in der Tasche.

Es war mal wieder Zeit für einen Marathon. Aber wie schon im Vorbericht erwähnt, nicht irgendeiner. Nein, bei diesem ging es erst einmal 500 Meter tief unter die Erdoberfläche. Der tiefste Marathon der Welt sozusagen. Aber wie immer schön der Reihe nach, das kennt ihr ja inzwischen. Also zuerst ein kurzes Update über meinen Trainingszustand. Der war hervorragend, soviel kann ich schon mal verraten. So viele schnelle Sachen hatte ich schon lange nicht mehr gemacht und ich muss euch ehrlich sagen, muss ich auch nicht. Es war ganz schön hart und tat auch das eine oder andere Mal richtig weh. Ich glaube der Zahn der Zeit nagt auch mächtig bei mir ; )

Die einzige Unbekannte in meinem Training war die Tatsache, dass ich anderthalb Wochen vor dem Wettkampf das Laufen komplett eingestellt hatte und mich meiner zweiten großen Leidenschaft widmete, dem Skifahren. In Kurzform heißt das, 7 Tage die Berge runter brettern, Samstag ins Auto setzen, 7 Stunden auf der Autobahn nach Hause quälen, Koffer auspacken,

Lauftasche einpacken und für ein paar Stunden Schlaf finden.

Sonntag, den 16.02., um 6:00 Uhr hieß es dann für mich, Abfahrt nach Merkers und wieder 2 Stunden auf der Autobahn.

In Merkers angekommen, war ich schon das erste Mal mächtig beeindruckt. Zum einen von der ganzen Organisation, da waren schließlich 750 Läufer und alle holten ihre Startnummer und wollten anschließend nach unten. Trotz der langen Schlangen überall, ging alles relativ zügig von statten. Zum anderen war ich von so einem Bergwerk mächtig beeindruckt, war ja eine Premiere für mich.

Glück auf !

 

 

Der Schacht von oben

 

 

So betrat ich gegen 8:45 Uhr den Fahrstuhl zur Hölle. In einem wahnsinnigen

Tempo rauschte ich 500 Meter in die Tiefe. Unten angekommen, bekam ich meinen Mund gar nicht mehr zu, ich war schwer beeindruckt.

Weiter ging es auf der Ladefläche von Transportern zum Start- und Zielbereich. Jetzt fing der Spaß erst richtig an. Der Fahrer musste das enge Tunnelsystem mit einer Formel 1 Strecke verwechselt haben. Eine Achterbahnfahrt war auf dem welligen Kurs nichts dagegen. Jetzt weiß ich auch woher der Begriff „Tunnelblick“ kommt.

Endlich im Start- und Zielbereich angekommen, ging das mit dem Staunen weiter. Dieses riesige Gewölbe wurde zur Deko mit einem gewaltigen Bagger verziert. Die Jacke konnte ich auch gleich ausziehen, schließlich herrschten konstante Temperaturen von 21 Grad. Einzig der Geruch, der war etwas gewöhnungsbedürftig. Dann hieß es erst mal warten, warten bis 11:00 Uhr.

Denn um diese Zeit wurde der Halb- und Marathon gestartet. Da die Zeit bis dahin aber nicht zu lang wurde, ging es 10:00 Uhr schon mit den 10 Kilometern los. Unter den Startern kein geringerer als Johannes B. Kerner der für Dreharbeiten des ZDF sich eine Startnummer umgebunden hatte. Und wie es sich für den Stargast des Tages gehörte, bekam JBK natürlich

die Nummer 1. Vorher wurde der Start noch mit einer herrlichen Lasershow inszeniert. Und eines durfte natürlich auch nicht fehlen, das Steigerlied. Ich sage euch, Gänsehautmoment.

11:00 Uhr war dann endlich ich dran. Showtime sozusagen. Mal sehen, was

auf diesen 42,25 Kilometern noch möglich sein würde für mich. Diese waren auf 13 Runden mit je 3,25 Kilometern verteilt und brachten es in der Summe auf stolze 750 Höhenmeter. Das war natürlich eine Ansage und schon nach der ersten Runde wusste ich, dass das heute kein Spaziergang wird. Bei diesem ständigen Auf und Ab, gab es kaum Möglichkeiten, sich mal auszuruhen.

Das Spaßmobil

 

 

Der Fahrstuhl zur Hölle wird verlassen

 

 

Eines hatte ich noch vergessen zu erwähnen. Natürlich herrschte hier Untertage Helmpflicht + Kopflampe. Das machte die ganze Sache zu einer richtig schweißtreibenden Angelegenheit. Aber als noch unangenehmer empfand ich den mangelnden Sauerstoff. Die Belüftung funktionierte sicher einwandfrei, aber es war nicht so wie an der frischen Luft.

So hämmerte es in meinen Kopf schon nach der ersten Runde und diese beendete ich nach 12:04 Minuten. Das war natürlich viel zu schnell für mich, aber irgendwann muss man seine Komfortzone mal verlassen und riskieren. Und genau das tat ich. Ich hatte Bock auf Quälerei.

Die zweite Runden spulte ich dann in 12:43 Minuten ab. Denn am Ende jeder Runde, konnte ich einen Blick auf den Monitor werfen. So hatte ich ständig die Information, in welcher Runde ich gerade war und auch die Platzierung wurde angezeigt. So wusste ich, dass ich auf dem 5. Platz lag, aber es waren ja gerade einmal 2 Runden absolviert. Der Weg war also noch verdammt weit und er wurde garantiert nicht einfacher. Als mein erstes großes Zwischenziel hatte ich mir die Halbmarathon-Marke gesetzt. Das war nach 7 Runden, bzw. 22,75 Kilometer. Gerade als ich diese nach 1:31:55 h geschafft hatte, lief neben mir der Gesamtsieger auf dieser Strecke ins Ziel.

Der glückliche Sieger auf der einen Seite, das arme Schwein (also ich) auf der anderen Seiten. Armes Schwein deshalb, weil ich noch 6 Runden vor mir hatte und diese mir immer länger vorkamen, da ich kontinuierlich langsamer wurde. Spätestens da wusste ich, dass ich jetzt für das Skifahren meinen Tribut zahlen musste. Meine Oberschenkelmuskulatur stellte ihren Dienst komplett ein. Ein Vorwärtskommen war nur noch mit Schmerzen möglich. Damit das Ganze überhaupt noch wie Laufen aussah, machte ich kleine Trippelschritte und erhöhte dafür die Frequenz. Ich lächzte förmlich den zwei Verpflegungsstellen, die auf der Runde verteilt waren, entgegen, um ordentlich Wasser nachzuschütten. Bei den Rundenzeiten war ich inzwischen bei den 16 Minuten angekommen, doch bei der Platzierung lag ich erstaunlicher Weise noch auf dem 4. Rang. Und genau das war fatal, denn jetzt widderte mein verdammter Ehrgeiz Morgenluft. Diesen 4. Platz wollte ich unbedingt halten und das bei noch 3 zu laufenden Runden.

Nicht nur, dass meine Oberschenkel komplett im A... waren, kamen jetzt auch noch Wadenkrämpfe dazu. Jedes Mal wenn es leicht bergauf ging, war es, als würde mir von hinten jemand mit einem Baseballschläger in die Waden hauen. Das war mir inzwischen schon so dumm, dass sogar anfangen musste zu lachen. Da laufe ich manchmal 100 Kilometer, 100 Meilen oder mehr und Wadenkrämpfe während des Laufens waren mir bis dato ein Fremdwort.

Und jetzt bei einem Marathon diese Sch....

Aber es ist, wie es ist und es wird, was du draus machst. Deshalb brauchte ich unbedingt Salz. Eigentlich musste ich nur an den Wänden lecken, denn Salz gab es hier im Kalibergwerk reichlich. Ich entschied dann doch, mich lieber bis zur nächsten Verpflegungsstelle zu schleppen, um Salz nachzuschütten. Wie reines Salz schmeckt, das könnt ihr euch sicher vorstellen, aber das war mir egal. Das Prozedere wiederholte ich zweimal, dann besserte sich mein Zustand und ich konnte die letzte Runde relativ „entspannt“ angehen.

An meiner Platzierung hatte sich noch immer nichts geändert und so konnte ich es auch bis zum Schluss durchziehen und nach 3 Stunden, 6 Minuten und 58 Sekunden einen meiner anstrengendsten Marathons überglücklich beenden.

Alles in Allem, war es eine Top Veranstaltung. Von der Organisation, über den Erlebnisfaktor, bis hin zum persönlichen Erfolg. Also wer mal Bock hat, beim tiefsten Marathon der Welt teizunehmen, eine ganz klare Empfehlung von mir.

Am ersten Abenteuer, auf meiner DIG DEEPER Liste, ist jetzt ein Häkchen dran und ich freue mich schon aufs Nächste. Wenn ich wieder bewegungsfähig bin, geht es wieder los. Ich halte auch auf dem Laufenden.

 

 

Ergebnisse:https://timing.sportident.com/de/results/2020/kristallmarathon/course-m/overall#cf

 

 

                                                                                            Taucha, den 20.02.2020

 

 

 

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